Hamburg – Darstellerinnen aus Pornofilmen sind glücklicher als andere Frauen und psychisch mindestens genauso stabil. Sie haben mehr Spaß am Sex, neigen aber auch zu erhöhtem Drogenkonsum. Das zeigt eine Studie amerikanischer Psychologen.
Das Team um James Griffith von der Shippensburg University im Bundesstaat Pennsylvania wollte die Frage klären, ob es sich bei den freizügigen Damen um psychisch und körperlich beeinträchtigte Personen handelt, wie Kritiker der Pornoindustrie meinen.Dazu befragten die Forscher 177 amerikanische Frauen im Alter von 18 bis 50 Jahren, die schon mindestens eine bezahlte Rolle in einem Pornofilm gehabt hatten, nach ihrem Wohlbefinden und Details aus ihrem Lebenslauf. Eine Kontrollgruppe von Frauen mit ähnlichem Alter und Beziehungsstatus wurde den Darstellerinnen gegenübergestellt, von denen immerhin ein Drittel verheiratet oder in einer festen Beziehung war.
Freude am Leben
Einige Ergebnisse der Befragung dürften wenig überraschen: So hatten die Pornodarstellerinnen ihr erstes Mal im Alter von 15 Jahren durchschnittlich zwei Jahre früher als die Frauen aus der Kontrollgruppe und waren mit 67 gegenüber sieben Prozent eher bisexuell veranlagt.
Frauen aus der Kontrollgruppe hatten in ihrem Leben durchschnittlich fünf Liebespartner. Die Pornodarstellerinnen übertrafen diese Zahl erwartungsgemäß deutlich mit 75 Bettgefährten – dabei wurden Kontakte vor der Kamera nicht mitgezählt.
Zudem genossen sie nach eigenen Angaben das Liebesspiel mehr und bewerteten den Grad ihrer sexuellen Befriedigung ebenso wie ihr Selbstbewusstsein und allgemein die Freude am Leben höher. Auch bescheinigt die Studie den Darstellerinnen eine bessere Beziehung zum eigenen Körper, einen ruhigeren Schlaf und ein höheres Maß an Spiritualität als den übrigen Frauen.
Keine Missbrauchsopfer
Doch die Befragung offenbarte auch, dass die Pornodarstellerinnen mehr Drogen nahmen. Die Hälfte der Befragten hatte bereits Ecstasy probiert, 40 Prozent hatten schon Erfahrungen mit Kokain und 27 Prozent mit Methamphetaminen. Sie zeigten sich auch besorgter, sich mit sexuell übertragbaren Krankheiten anzustecken.
Schließlich betonen die Autoren der Studie, dass bei den Pornodarstellerinnen im Vergleich zu den anderen Frauen keine erhöhte Tendenz festzustellen war, nach der diese als Kind Opfer sexuellen Missbrauchs gewesen seien. Ein hier vermuteter Zusammenhang war auch die Ausgangsfrage der Studie: Die Wissenschaftler wollten überprüfen, ob es sich bei Pornodarstellerinnen mehrheitlich um sogenannte “Damaged Goods” handelt. Der Begriff hat viele Bedeutungen und ist stets sehr negativ behaftet: Gemeint ist eine Person, die aufgrund von traumatischen Erfahrungen wie Drogen- oder sexuellem Missbrauch unter psychischen Störungen leidet.Kritiker der Pornoindustrie schreiben den Darstellerinnen häufig solche Eigenschaften zu. Die Erkenntnisse aus der Studie liefern keine Beweise, die für die die Damaged-Goods-Hypothese sprechen, schreiben Griffith und seine Kollegen im Fachmagazin “Journal of Sex Research“.
Dass auch Pornodarstellerinnen außerhalb der USA so glücklich sind, darf allerdings bezweifelt werden. Nach Schätzungen des “New York Times Magazine” erzielt die US-Pornoindustrie einen Jahresumsatz von bis zu 14 Milliarden Dollar. Das US-Geschäft ist aber nicht nur das größte, sondern auch eines der am stärksten regulierten weltweit. Daher ist anzunehmen, dass die Situation der hauptsächlich um Los Angeles angesiedelten amerikanischen Darstellerinnen nicht repräsentativ für die gesamte Branche ist.
Quelle: Spiegel Online vom 27.11.2012