Sex in der Freizeit


Sind Männer so?, fragte mich Leserin L derangiert. Unlängst sei sie früher nach Hause gekommen. ܜberraschung, Schatz! Aus dem Arbeitszimmer des Reihenhauses vernahm sie Geräusche, die nicht einmal eine eiserne Jungfrau als Produkt engagierter Gymnastik, Putzarbeit oder einer Rebirthing-Session beim Esoteriker des Vertrauens interpretieren würde. Da wurde gestöhnt und geschrien als ginge es um den Guinness-Vögelweltrekord. Dahinter lag allerdings ein leiser Bariton-Soundteppich – das vertraute Grunzen eines Herrn, das L zügig ihrem Gatten zuordnen konnte. Aber nein, der gnä’ Hausherr hatte sich nicht zur Höhlenexpedition in die rammelige Nachbarin eingefunden, sondern saß mit offenem Hosentor vor dem Firmenlaptop und holte sich zu einem YouPorn-Clip in beachtlichem Tempo einen runter.
Kein Grund zur Panik, ist man da rasch mit einem lässigen Toleranz-Input zur Stelle. Männer sind so, sie legen oft einmal Hand an sich. Und sie schauen dabei eben einschlägiges Material. Mit uns Frauen hat das (meistens) nichts zu tun – Gentlemen’s Privatsache.
Doch freilich gibt es Typen, die ihre Finger kaum noch vom Gemächt und dem Play-Knopferl der Internet-Begeilung kriegen. Die ist heute nicht nur omnipräsent, sondern vor allem verdammt leicht zu kriegen. PC an – geht scho, gemma.
Daheim, unterwegs, am Arbeitsplatz. Porno ist Mainstream. Umfragen zeigen: Sieben von zehn Männern geben sich das regelmäßige Online-Rammeln, Websites wie z.B. YouPorn machen bereits zwei Prozent des gesamten Internet-Verkehrs aus. Ohne prüde zu sein: Die Bravorufe halten sich in Grenzen. Weil eine Art “Easy-to-get-Tittenmösenblasenleckreinraus-Epedemie” Männerhirne zu verändern droht – mit ruinösen Auswirkungen auf den Sex in Beziehungen. US-Therapeut Ian Kerner ortet gar ein neues Phänomen: Sexual Attention Deficit Disorder (SADD): Männer, die ihre Gier mit immer heftigeren pornografischen Reizen speisen, verlieren den Bezug zur (sexuellen) Realität und brauchen – um die Libido anzukurbeln – auch daheim ihr Lenden-Pornokino. Das allerdings kann Mutti nimmer richten. Weil das, was im wirklichen Geschlechtsleben passiert, öd wirkt – im Vergleich zu den Szenen, in denen Frauen auf multipel geil und multipel willig tun. Mit jedem Mal, in dem Männer sich in so einem Rammel-Nirwana verlieren, tut sich was im Kopf. Die Verknüpfung visuell-exzessiver Reize mit dem Kick der Ruckzuck-Befriedigung funktioniert wie bei der Drogensucht. Der Autor Norman Doidge behauptet gar, dass die Mechanismen beim Pornokonsum dem Prinzip des Pawlow’schen Hundes ähneln. Man würde konditioniert, verlange mehr und mehr – dabei wird nicht nur das Hirn umprogrammiert, sondern auch sexuelle Präferenzen. Für das Stammpublikum der Netz-Befriedigungsmaschinen sind Frauen keine realen Menschen mehr, sondern namenlose Instant-Objekte.
ܜbrigens: Auch Damen schauen gerne mal Pornos. Sie beziehen ihren Kick allerdings aus dem Gesamtkunstwerk von Bildern und Geschichte. Frauen brauchen eine breite Reiz-Kaskade samt Story, um anzuspringen. Männer funktionieren da schlichter: Ihnen reicht ein einzelner Stimulus zur relativ großen Geilheit.


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